Der erste Tag in der Karibik begann etwas überraschend. Meine Kopfschmerzen waren glücklicherweise kuriert und ich habe halb dösend wahrgenommen wie vor dem Fenster, hinter den sieben Palmen, über den sieben Wellen die Sonne aufging. Als die Zeit dann mehr als reif war sich mal aus dem Bett zu begeben, konnte ich entspannt die Treppe herunterschlendern und sah unerwarteterweise schon Jens inmitten der lustigen Großelternrunde sitzen.
Von dem hatte ich am Vortag nichts mehr gehört und ich hab mir schon etwas Sorgen gemacht, ob ich vielleicht durch mein frühes Zubettgehen einen eventuellen Hilferuf per Handy verpasst hätte, dass kein Bus mehr nach Tulum fährt oder so.
Aber da habe ich Jens grob unterschätzt. Es hatte wie rausgesucht alles geklappt mit ADO-Bus vom Flughafen über Playa del Carmen nach Tulum und von dort dann mit dem Taxi in die Hotelzone am Strand und so war er dann am Vorabend sogar noch mit ein paar Bierchen zu uns gelaufen, hat uns aber nicht vorgefunden, weil wir ja eine Tür weiter im Restaurant saßen.
Dafür sind wir dann an dem Morgen zusammen rüber zu La Luna und mussten beim kontinentalen Frühstück alle feststellen, dass Papaya wohl nie unsere Lieblingsfrucht wird. Danach war Zeit ein bißchen rumzuchillen und sich mal anzugucken was es im und ums Haus so gibt.
Einzig geschmälert hat das Gesamtbild – man kennt es irgendwie nicht anders – der ganze Müll im Sand, der sogar bis auf das Privatgrundstück vor dem Haus gereicht hat. Wobei man es in diesem Fall sicherlich den Touristen und nicht den Mexikanern selber ankreiden kann, dass Zigarettenstummel, zerbrochene Plastikbecher und sogar Kondompackungen im ansonsten schön weißen Sand lagen.
Genau wegen soner Scheisse lauf ich ungern mit nackten Füßen durch den Sand. Deswegen hab ich immer zumindest meine Aquaschuhe oder Badelatschen dabei, wenn ich nicht eh in Straßenschuhen am Strand bin. Klingt für manch einen vielleicht komisch, aber ich möchte kein Hepatitis am Fuß haben. Bin auch der Meinung, dass es damals beim Ixchel, viel weiter südlich, nicht so schlimm war, bzw. eigentlich gar kein sichtbarer Müll da lag, aber vielleicht ist das auch nur verklärte Erinnerung.
Glücklicherweise nahm das zum Haus hin schlagartig ab, auch wenn auf dem Weg noch schön ein großes, olles Pflaster aus dem Sand ragte. Hat man sich irgendwie an den Strand in Miami Beach erinnert gefühlt. Da wo der Gärtner/Hausmeister seines Amtes waltete war zum Glück nichts von solchen Unannehmlichkeiten zu sehen.
Während wir da so vorm Haus vor uns hin knipsten hat sich der Rest der Mannschaft organisiert und wir haben einen Einkaufsstoßtrupp gebildet, der Nachschub beim Chedraui in Beschlag nehmen sollte.
Ich glaube ja in unseren Chrysler damals hat mehr reingepasst, aber vielleicht lag das einfach daran, dass wir einer weniger waren, so ohne Babyschale. Unsere Koffer mussten wir damals irgendwie auch quetschen. Mit Kofferräumen für Mietwagen, die von Touristen gemietet werden, welche wiederum potentiell von weit her reisen haben sie’s wohl nicht so.
Beim zweiten mal Durchfahren schien die Straße an der Strandhotelzone auch schon wieder recht vertraut. Der Chedraui erwies sich auf jeden Fall angenehmerweise als noch genau gleich aufgebaut und so konnten wir effizient die mangelhaft geringen Biervorräte aufstocken.
Als dann die Biervorräte sicher im mit Propangas betriebenen Kühlschrank – dessen Tür wir natürlich stundenlang offen stehen lassen haben – verstaut waren und wir noch ein bißchen am Strand geknipst hatten (Jens konnte seine Finger einfach nicht von einer schief gewachsenen Palme lassen, die beklettert werden musste) waren dann die Wellen im türkisen Meer doch zu einladend und wir mussten da mal rein.
Das Wasser zeichnete sich durch besondere Nassigkeit und gute Wellen aus.
Nur ein bißchen viel Seegras war drin, wie auch beim letzten mal.
Aber das stecken wir gestählten Männer natürlich weg.
Ähh … naja. Wie gesagt, die Aquaschuhe.
Nach einer Weile wurde uns das bloße Rumgeplansche in den Wellen aber schon beinah etwas langweilig und wir beschlossen, mal die ganzen Badeutensilien des Hauses auszuprobieren.
Erste Station waren die Bodyboards, von denen reichlich neben dem Esstisch deponiert waren.
Es hat zwar erstmal bißchen gedauert, bis wir den Dreh raushatten – wir sind erst viel zu weit rausgeschwommen – aber dann ist es gut abgegangen und wir haben auch ordentlich Geschwindigkeit draufbekommen.
Und lagen dann meistens begeistert in der Brandung, in die wir rausgespült worden waren. Eigentlich müssen die Leute gedacht haben wir seien bekloppt. Aber uns egal. Sind wir halt die Einzigen, die Spaß haben. Nicht unsere Schuld, dass die anderen lahm sind.
Zwischendurch wurden wir vermutlich sogar mit Handy gefilmt, was aber gar nicht notwendig gewesen wäre, weil ich ja die GoPro von meinem Arbeitskollegen Benny um die Stirn geschnallt hatte. Also meistens. Wenn sie nicht grade durch eine heftige Welle von dort runtergespült wurde.
Ein Glück hat Jens sie nach kurzer Zeit wieder eingefangen, wie sie da immer mal aus der Brandung raus hüpfte und wieder darin verschwand. Gut, dass ich das Gehäuse mit dem neon-orangen Kissen für Auftrieb gewählt hatte und nicht das normale.
Nach ein paar weiteren Bodyboard-Ritten hab ich dann mal forciert, dass wir uns noch die Kayaks geben, die neben dem Haus angekettet lagen.
Konnte ja nur lustig werden. Zuerstmal muss man es aber schaffen, die aus der Brandung zu bekommen. Und dabei haben wir uns auch natürlich etwas affig angestellt. Ich ein ganzes Stück mehr als Jens, schätze ich mal.
Der schaffte es immerhin sich mal in sein Boot zu setzen. Und prompt von einer Welle mitgespült und umgekippt zu werden.
Ich kämpfte immernoch damit, erstmal ins Boot zu kommen und das mir nicht bei der nächsten Welle ins Gesicht zu hauen – so mindererfolgreich. Irgendwann war mein Boot über meinem Kopf und mein Paddel irgendwo neben mir.
Und dabei hatte mir Jens sogar den Vortritt für das noch nicht kaputte Paddel gelassen. Immerhin ließ sich aber vermeiden, dass mir das vor der Hochzeit irgendwelche Verletzungen im Gesicht beibrachte.
Auch mit den Kayaks hatten wir dann recht bald im Groben den Dreh raus wo man einsteigen muss und wie man sich das Dingen recht gut nicht in die Fresse haut beim wieder rein Ziehen. Tipp: Rückwärts gehen und Popo als Wellenbrecher nutzen, gute Idee Jens! Dann flattert einem auch nicht mit jeder Welle das Boot so halb entgegen, was man eigentlich hinter sich herzieht.
Und auch wie man damit auf ner Welle zum Strand reitet und sich möglichst lange nicht quer dreht und überschlägt.
Das hat dann, wie mit den Bodyboards, auch richtig Spaß gemacht, wobei das Meer zu aufgewühlt war, um weiter raus zu paddeln. So oder so haben wir glaube ich ein paar ganz nette Aufnahmen von unseren Versuchen mit den Kayaks gen Land zu surfen.
Die Kayaks haben wir dann wieder herausgeschleppt (wie schwer die verdammten Dinger außerhalb des Meeres auf einmal werden!) und haben uns dann nach ein bißchen Planschen gesagt, dass das wohl reicht für den Tag. Auf dem Weg zum Haus hat sich Jens allerdings nochmal spontan umentschieden. Eine Welle musste noch frontal mitgenommen werden.
Nach einer kurzen Dusche haben wir noch ein bißchen am Strand gechillt – ich mit Tochter auf der Sonnenliege …
… und dann haben wir Jungens nochmal die knipsen rausgeholt, um ein bißchen was am Strand im Sonnenuntergang mitzunehmen.
Als der sich tatsächlich näherte, sind wir dann hoch auf die Dachterasse. Hätte ja sein können, es gibt Zeitraffermaterial zu filmen oder so. Und außerdem isses eh schön dort oben.
Weil wir nach dem ganzen Geplansche im Salzwasser wunderbar entschlackt waren – vorallem in der Magengegend – haben wir uns die restlichen Gebäcksachen vom Nachmittag und ein paar Bierchen mit hochgenommen, und den Ausblick aufs Meer und die raschelnden Palmen um uns herum genossen.
Genau das Richtige, um sonen Badetag ausklingen zu lassen. Leider war die Sonne von Wolken verdeckt und somit keine Hoffnung auf einen Sonnenuntergangszeitraffer in der Karibik.
Aber kein Problem, die Abendsonne auf den Wolken überm Meer würde genauso lohnen, also habe ich das Stativ in diese Richtung gestellt und dort den Film laufen lassen, während ich an meinem Bier nippte.
Dann hat mich aber wiederum Jens aufgeschreckt, als der meinte vom Sonnenuntergang sei doch was zu sehen, die Wolken seien mal beiseite gerutscht. Also hab ich meinen coolen Wolken-überm-Meer-Zeitraffer abgebrochen, um vielleicht doch noch die Sonnenscheibe im Dschungel versinkend zu haben. Allerdings schoben sich im entscheidenden Moment doch wieder Wolken vor das ganze Spektakel und ich hatte weder die eine noch die andere Sache lange genug gefilmt.
Macht aber auch nix. An so einem entspannten Abend in angenehm windig-warmer Atmosphäre zwischen Palmen bringt einen auch nix aus der Ruhe. Außer vielleicht, wenn man runter muss, Bier holen.
Und weil wir noch ein paar Stündchen saßen, musste das auch ein paar mal geschehen. Das Stativ blieb derweil stehen, weil man dank geringerer Lichtverschmutzung in Tulum auch ein paar Sternchen mehr sieht, als unter dieser nebeligen Lichtglocke in Berlin. Und das trotz unseres Eingangslichts, das hinten rechts die Palmen erglühen lässt. Hätte ich mal nochmal die Bedienungsanleitung für meinen Kamera-Auslöser gelesen! Dann hätte ich sogar noch länger belichten können. Aber irgendwie hat das doofe Ding nur rumgezickt, obwohl es eiiiigentlich intuitiv bedienbar sein soll(te). Dämlich aber auch, dass man bei einer Kamera um diese Preismarke keine höheren Belichtungszeiten, als 30s einstellen kann ohne zusätzliches Zubehör zu Apothekerpreisen zu kaufen.
Wir saßen tatsächlich so lange oben – trotzdem Jens und Peter ja erst am vorigen Tag angekommen waren und eigentlich jetlag ohne Ende hätten haben sollen – dass wir noch den Mondaufgang mit ansehen konnten, der sich, im Gegensatz zur Sonne, schon ziemlich lange im Voraus am Horizont angekündigt hatte. Dann war es aber auch wirklich mal Zeit fürs Bett. Denn mit Beginn des Sonnenaufgangs krähte auch immer unsere Lilymaus.