Der 23.1.2018. Es war wieder mal Zeit „¡Adiós!“ zu sagen. Schade. Grade nun da das Wetter gut wurde. Aber nach fünf Wochen freuten wir uns schon auf die Vorzüge unserer Wohnung und – wie man es so oft tut – vorallem auf das eigene Bett. Karibik hin oder her, das ständige Gefahre zu Wäschereien (mit dubiosen Öffnungs- und Rückgabezeiten) und Restaurants, das ganze ungesunde Zeugs vom Chedraui und ständig Sand und Schwitzen, da ist es schon gut wenn das Ganze irgendwie zeitlich begrenzt ist.
Also haben wir schon vor dem Frühstück mit einem lachenden und einem weinenden Auge angefangen zu packen. Eigentlich hatten wir bis abends Zeit die Karre abzugeben und unseren Flug zu bekommen, aber einerseits sollte ab 11 Uhr die muchacha ins Zimmer und es für die nächsten Gäste bewohnbar machen, andererseits schadet es nicht nen guten Zeitpuffer zu haben. Falls es aber doch bis zwölf dauern sollte wäre es aber auch kein Problem, sagte Fabio. Und wir könnten uns ja dann trotzdem nochmal ein wenig am Strand ausruhen und müssten nicht gleich los fahren. Sehr entspannt so.
Während wir die Spielsachen, Musikinstrumente und (Mal-)Bücher in den rosa Rollkoffer des Töchterleins packten, packte sie der Sohnemann natürlich gleich wieder aus. Instrumente, die seit drei Wochen nicht mal eines kurzen Seitenblickes gewürdigt wurden waren plötzlich höchst interessant und mussten sofort ausgetestet werden, für den Fall dass man sie nie wieder sieht.
Irgendwie haben wir es trotz klar definierter Entropiequelle geschafft unseren Krimskrams nach dem Frühstück halbwegs beisammen zu haben, wobei die Koffer kurz vor dem Platzen zu sein schienen. Gut, ein paar der Wintersachen würden wir ja noch rausholen müssen, schließlich konnten wir ja nicht karibisch gekleidet in den kalten Flieger und von dort in den berliner Januar. Den ganzen Kladderadatsch noch schnell unter den wohlwollenden Blicken der muchachas, denen wir nun natürlich auch ein paar hundert Pesos in den Briefumschlag für die propina gesteckt haben, zum Auto getragen und dann war nochmal Zeit für etwas Meeresluft. Mit 11:38 Uhr hatten wir ja so in etwa die Mitte getroffen.
Ich wäre ja eigentlich fast dafür gewesen noch etwas mehr Zeit am Strand zu verbringen und die Umgebung einfach aus dem Trockenen zu genießen, aber Myriam wollte lieber schon mal in Cancun sein. Das konnte ich auch gut nachvollziehen, weil ja grade in MX immer irgendwie noch was sein kann. Da ist es besser man befindet sich schon mal in der groben Umgebung des Flughafens und braucht im Zweifel nur ins Taxi zu steigen. So richtig Lust mehr Zeit als nötig in Cancun zu verbringen hatte ich aber auch nicht. Speziell nicht dort wo Myriam geplant hatte, auch wenn der Ort sicherlich rein logisch eine gute Wahl war. Kurz vor zwölf haben wir uns nämlich dann nach abermals langen Verabschiedungen von Fabio auf den Weg zu La Isla Cancun gemacht. Einer Mall in der Bucht von Cancun, die von der Hotelzone vom offenen Meer abgetrennt wird. Natürlich war unser Auto erst mal die reinste Sauna und das Schleichen an den ganzen Cabañas und locker dahin trödelnden Touris entlang weckte auch noch mal gemischte Gefühle und natürlich bekam auch einer der Arbeiter von Fabio, die gleichzeitig neue cabañas bauen und Frühstück herantragen, noch ein paar hundert Peseten für seine Dienste. Aber wie sie schon sagten: „Con Fabio … es buena onda.“
Von der Playa Xcanan zu besagtem Shoppingcenter sind es knappe 140km, aber da die Maximalgeschwindigkeit auf der Strecke 110km/h sind und das auch nur über kurze Abschnitte und man sich zudem durch Playa Del Carmen und so stauen muss, sollte man trotzdem gute 2h dafür einplanen. Zunächst mal rödelt man aber an diversen (Golf-)Resorts vorbei, die ganze Küstenabschnitte für sich beanspruchen. Ein Strand gehört in MX zwar immer der Öffentlichkeit, aber wenn da eine massive, 50m Meter breite und 10m hohe Betonfront und ein fraccio mit Golfplatz davor stehen, dürfte es an dieser Stelle natürlich schwierig sein an den prinzipiell öffentlichen Strand zu kommen. Eindrucksvoll sehen die Dinger ja schon aus und vielleicht ist es auch schön entspannt dort, so mit todo incluido. Allerdings, wenn Cancun ein Indikator ist, dürften die Dinger mit verpeilten, völlig sonnenverbrannten und recht übergewichtigen Amis gefüllt sein, die aufgrund ihrer drei Margharitas zum Mittag alles und jeden vollquatschen. Etwa Pedro, den Gärtner, der bei 35°C 70%RLF für 1700$ (MXN) im Monat schindert und leider nicht freundlich zurück grüßt.
Durch die Städte führt die Straße öfter mal über lange Brücken, unter denen der normale Verkehr herumfleuchen kann während man selber einigermaßen freie Bahn hat und ein bißchen in die Industrieparks und Shoppingzonen gucken kann, die durchaus an die USA erinnern. Das Durchfahren von Cancun blieb uns glücklicherweise auch erspart, da die Straße zur Hotelzone etwas südlich vor der City direkt vom Flughafen quer zu unserer Route verlief. Praktisch auch, da wir später ja sowieso auf dem Rückweg zum Flughafen wollten. Die Abfahrt war wieder mexikanisch aufregend, weil auf ein mal der Straßenbelag endet und man auf eine etwa 30cm, zerklüftetere Schicht Asphalt runterhopst. Dann schlängelt man sich aber auch schon direkt mit den ganzen Taxen und Bussen an den großen Hotelburgen direkt am Strand von Cancun entlang.
Nach etwa einer halben Stunde davon sind wir ins Parkhaus von La Isla eingebogen und haben die etwas genervten Kinder aus der Karre geholt, um uns nochmal so richtig in die Hitze zu begeben und zwischen den ganzen schwachsinnigen Läden (Uhren, Schmuck, Funktionskleidung) herum zu scharwenzeln.
Dem Töchterlein hatten wir eine paleta (Eis am Stiel) versprochen, womit wir wenigstens ein klar gestecktes Ziel hatten, anstatt uns wirklich einfach nur auf gut Glück ein paar Stunden dort um die Ohren schlagen zu müssen. Wie es nicht anders sein kann, wurden wir natürlich von allen Seiten auf stark mexikanisch eingefärbtem Englisch angesprochen, ob wir nicht hier was kaufen und dort mal einkehren wöllten. Nervig. Immerhin ein Kellner fragte einfach was wir suchen und verwies uns dann wirklich einfach nur an einen Laden mit paletas nachdem ich ihm auf Spanisch geantwortet habe. Weiter belatschert hatte er uns dann nicht. Immerhin einer.
Der Laden hatte dann tatsächlich doch keine paletas und da es schon der dritte oder vierte war, den wir abgeklappert hatten und die Hitze mit stehender Luft wirklich die Lust drückte noch irgendwie weiter zu laufen, haben wir einfach nochmal den dem Froyoladen geguckt, in dem wir 2012 waren. Könnte ja sein, dass es den noch gibt und in der Tat haben wir ihn zwei Ecken weiter dann gefunden. Zu dem Zeitpunkt war ich eigentlich mit meiner im vorigen Laden erstandenen Flasche schön kalten Wassers sehr zufrieden und so haben lediglich Myriam und die Kinder sich so eine kalte Nascherei geholt. Interessanterweise war es in dem Laden nochmal ein ganzes Stück heißer, als draußen, weil die Wärme, die vom Eis weggeführt wird ja auch irgendwo hin muss. Auf jeden Fall saßen wir dann dort noch ein Weilchen und haben so vor uns hin gegammelt während der Sohnemann immer wieder mal um uns herum gerannt ist und dann für einen Schluck kalten Wassers bei mir anhielt und der junge und sehr gepflegte Uhren(?)-Verkäufer vom Stand neben uns immer wieder aufs neue seine schleimige Formel herunterbetete wenn neue Touris vorbei kamen, die er potentiell für dumm verkaufen konnte.
Als es den Kindern gar zu langweilig wurde haben wir uns wieder unsere Sachen geschnappt und sind wieder die luftig überdachten Gänge entlang gegangen in die Richtung wo wir her gekommen waren und wo uns der Kellner den Weg zum Mini Supermarkt gewiesen hatte. Dort nämlich, neben Haifisch und Leuchtturm, befand sich ein bunter quasi In-Door-Spielplatz, der eigentlich dafür gedacht ist, dass man seine Kinder abgibt und bespaßen lässt während man selber shoppen geht. Gegen ein Trinkgeld versteht sich.
Weil wir nun aber nicht mehr shoppen wollten, haben wir uns einfach zusammen mit den Kindern da rein begeben, sodass die Damen weiter gelangweilt auf ihren Handies daddeln und quatschen konnte, was man ihnen auch nicht wirklich übel nehmen kann. Neben dem Spielplatz liegt auch direkt einer der Kanäle, der in die Bucht zwischen Innenstadt und Hotelzone führt, weshalb das ganze Ding ein mal mit Netzen abgesperrt ist. So fällt kein Kind und auch kein Spielball hinaus ins Wasser. Quasi ein In-Door-Spielplatz eben. Während die Kinder so da drin rumkrabbelten habe ich versucht ein wenig von meinem Buch zu schaffen, allerdings war bei mir schon bei unserer Ankunft der „Frosch im Kochtopf“-Effekt losgegangen und ich bin mit jeder Minute ungeduldiger und nervöser geworden, weil wir ja später noch zum Flughafen müssten. So wie beim Frosch auch mit jeder Minute die Temperatur steigt und er kurz davor ist loszuhüpfen. Obwohl ich eigentlich rational wusste, dass noch viel zu viel Zeit ist und selbst mit Zwischenfall genügend Zeit sein dürfte den Flieger zu bekommen. Der Gedanke ließ mich jedoch nicht los.
Nach zwei Stunden von diesem nervösen Gewarte konnte ich Myriam dann mal davon überzeugen etwas essen zu gehen und dann los zu machen. Mir war wiederum nicht nach wirklichem Restaurant mit potentiell langsamer Bedienung und überhaupt dieser ganzen Abhängigkeit von externen Faktoren, also konnten wir uns einfach auf den dortigen McDonald’s als letzte cena en México einigen. Ketchup und Mayo gab es dort nicht wie bei uns, stattdessen standen drei verschiedene Chilisoßen zur Verfügung, die man sich selbst frei aus Näpfchen schaufeln konnte. Interessante Sache das. Nur nicht kinderfreundlich.
Zurück ins düstere Parkhaus, Kinder wieder in ihre Sitzen packen, worauf sie keine Lust hatten und wir konnten endlich Richtung Flughafen fahren. Langsam setzte die Dämmerung ein und es wurde dunkel. Tanken mussten wir noch, da wir angegeben hatten das Auto vollgetankt zurückzugeben. Die nächste Tankstelle von der zona hotelera auf dem Weg zum Flughafen lag leicht abseits unserer ziemlich direkten Route an der Auffahrt zur carretera in die Stadt hinein. Nungut, irgendwie würde man wohl umdrehen können. Das ganze gestaltete sich aber doch recht abenteuerlich, da man von der Tankstelle nur in Richtung city fahren konnte und es für die nächsten Kilometer keine Wendemöglichkeit gab. Also mussten wir inzwischen im Dunkeln in Richtung Cancun Innenstadt weiterdüsen. Der Frosch war kurz davor aus dem Topf zu hüpfen. Genau für sowas wollte ich Zeit einplanen. Nach mehreren verpassten Lücken im Mittelstreifen zwischen den sechs Spuren habe ich es dann doch mal gewagt mitten auf der Autobahn links abzubiegen und U-Turn zu machen. Glücklicherweise befand sich auf der anderen Seite der Straße eine Einfahrt, sodass ich mich nicht gleich wieder in Gegenrichtung einsortieren und auf die 100km/h kommen musste. Der Adrenalinspiegel sank langsam wieder.
Ein paar Kilometer später kam kurz hinter der Tankstelle dann auch die Ausfahrt zum Flughafen. Wie ich gerade beim Schreiben sehe gibt es dort auch eine Tankstelle, direkt vor den Autovermietungen. Aber mit der wäre man natürlich um ein verrücktes Erlebnis ärmer gewesen. Bei Hertz, wo wir zwei Wochen zuvor noch den Kindersitz getauscht hatten, haben wir unseren schönen großen Tiguan wieder abgegeben und durften dann gefühlte 10 Koffer und die Kinder zum Shuttle schleppen, das uns dort absetzte wo uns bei unserer Ankunft eigentlich das Hotelshuttle hätte holen sollen und wo wir völlig übermüdet mit den Kindern gewartet und gewartet hatten. Letztlich mussten wir auch von dort wieder in das andere Terminal, wo Checkin und Gepackabgabe ist. Dort haben wir noch aus der Karibikkluft in unsere deutschen Klamotten gewechselt und sind dann um einige Koffer leichter zum Gate gelaufen, wo die letzten paar Pesos für eine kleine Flasche Wasser, ein paar Tictacs für das Töchterlein und eine Packung Reese’s Pieces draufgegangen sind.
Direkt danach schloss die Verkäuferin auch schon den Laden und die nach uns angekommenen hatten keine Möglichkeit mehr dort irgendwie noch an Getränke zu gelangen. Ungünstige Kombination, so mit der karibischen Wärme und dem Kofferschleppen draußen, aber wir waren ja versorgt. Trotzdem, so viel wie sich über Tegel beschwert wird, muss man so einen Mißstand wohl mal ansprechen.
Die Kinder alberten noch ein wenig herum, um uns sammelten sich nach und nach noch andere Deutsche an und letztlich wurde das Töchterlein noch auf seine lila Kopfhörer mit Katzenohren aus Silikon daran angesprochen. Ein guter Kauf.
Gute zwei Stunden später hatten wir wieder die mittlere Sitzreihe neben Notausgang und Mini-Küche eingenommen, bei der man etwas mehr Bewegungsfreiheit besitzt und diese Kinderkörbchen zum an die Wand hängen bekommen kann. Das Töchterlein guckte auf dem iPad Petterson und Findus bis sie gegen Mitternacht nicht mehr konnte und für den Sohnemann war es auch langsam Schlafenszeit.
Irgendwann morgens dann Landung in Frankfurt, mäßig bis gut gelaunte Kinder, mäßig bis schlechtes Wetter und nach ein paar Stunden der letzte Hüpfer nach Berlin in einem kleinen Flieger voller genervter und viel gestressterer Businesskasper, die größtenteils eher unglücklich über unsere Anwesenheit schienen. Sale pues, así es lo que es. Am Tegel holte uns Matthias ab und wir wurden zuhause von Myriams Mutter, die schon etwas für uns gekocht hatte, Myriams kleinem Bruder, der wie Wohnung gehütet hatte und unseren mexikanischen Pelzpopos begrüßt. Zuhause ankommen ist schon schön. Nur das jetlag mit kleinen Kindern war irgendwie … nunja. Gut, dass ich noch zwei Wochen Elternzeit hatte zum Auskurieren.