Unseren zweiten Tag in Tepoztlán haben wir wie ganz alte Hasen wieder bequemlichst damit begonnen die Filterkaffeemaschine in unserem Supizimmer zu befüllen und dann das lustige, kleine Brotkörbchen zu leeren, das mit seinem Klappdach selbst wie ein runder Laib Brot geformt war und auf der Terrasse schon pan dulce oder croissants oder sowas vor den Vögeln und Insekten schützte.
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Tepoztlan Nr. 3 – 1
Tag 1 in Tepoztlán, also auch unseren ersten vollen, richtigen Tag dort, ohne Tagesausflug, haben wir – selbstverständlich – auch ganz despacito, con mucha calma angefangen. Ist ja schließlich Urlaub, was soll man sich da groß Stress machen. Und wir hatten ja eh nirgendwo zu sein. In Tepoztlán ist die Auswahl an Orten, an denen man sein kann, sowieso vergleichsweise eher gering. Zentrum mit Kloster oder Restaurants und der Tepozteco. Achja und der Naturschutzbereich, von dem ich in einem alten Blogbeitrag mal geschrieben hab, aber sowohl Beitrag, als auch Park hatte ich während unseres Aufenthalts komplett vergessen.
Las Calandrias und ein letztes mal Atlixco
Einen Tag vor unserem Hüpfer auf das löchrige Kalksteintablett, das da heißt „Yucatán“, haben wir, der alten Zeiten willen und als Abschied, mit Doris im Las Calandrias gefrühstückt.
Die haben so ein recht umfangreiches Frühstücksbuffet mit vielen mexikanischen Sachen natürlich. Zum Beispiel die leckeren, süßen Tamales, wie hier oben zu sehen. Die waren bei Myriam und mir der totale Renner! Das letzte mal gab es die, als Korni, Mandy und ich damals auf den Blumenmarkt sind, nachdem wir den cerrito mit der gelben Kirche drauf bezwungen haben. Komischerweise wollte damals außer mir keiner was davon. Weder von tamales, noch von der Schoko-Atole. Auf jeden Fall hab ich mich riesig gefreut, dass am letzten Tag in Atlixco doch noch was draus werden sollte, mit den tamales. Wie seltsam, wenn man sich 3 Jahre auf eine Sache freut.
Auf jeden Fall wollten wir – oder ich zumindest – gleich den ganzen Tamales-Topf plündern und mit etwas Geschick ließen sich tatsächlich noch zwei Tamales auf dem kleinen Teller unterbringen. Jedoch mussten sowohl ich bei meinem zweiten, als auch Myriam beim ersten, feststellen, dass manchmal nur die Farbe draußen am Maisblatt abgeschmiert hat, man aber eine andere Füllung erwischt hat, als erwünscht. So hab ich mir dann schnell einen Tamal mit einfach Koriander hinter die Kiemen geschoben, aber Myriam hatte einen mit schön rajas drin – so scharfen, grünen Chilistücken. Daran hatte sie dann kein so großes Interesse.
Gründlich vollgestopft mit noch einem Schinken-Käse-Omelett hinterher und pancakes plus french toast (Allerdings mit Agavensirup, statt Ahorn), bin ich dann mit Lily rumspaziert, die sich an den Pfauen mit ihren lustigen Geräuschen und einem im Baum hängenden Windspiel erfreut hat.
Dass mir dabei vor in die Verdauungsorgane gepumptem Blut schön schummrig wurde, hab ich gekonnt überspielt.
Anscheinend wurden seit letztem mal auch die Figuren durch echte schwarze Schwäne ergänzt, was erstmal etwas überraschend war, wenn man nichtsahnend an deren Tümpel rantritt. Dafür gab es keinen bunten Ara mehr. Aber der war sowieso in einem Käfig für Kanarienvögel eingesperrt damals, insofern ist das ganz gut, wenn der jetzt ein Gewester ist und mit seinen Ahnen snackt.
Wieder im Haus haben wir uns erstmal alle von dem Fest erholt und ich hab für meine Mutter noch obige Blume fotografiert, die bei uns wohl nur gen Weihnachten gedeiht. Nachmittags sind meine Eltern dann mit Doris zusammen nach Puebla, den Mietwagen wieder abgeben.
Wir drei jüngeren indessen hatten wieder das Auto von Kerstin da, was sie uns das WE vorher schonmal großzügigerweise geliehen hatte und waren somit trotzdem mobil für unseren letzten, kleinen Ausflug in die Stadt. Den haben wir relativ späten nachmittags erst angetreten, sodass ich schon dachte wir schaffen es gar nicht mehr im Tageslicht wie geplant auf das convento, auf halbem Wege den cerrito hoch. Das Auto haben wir (eventuell etwas gefährlich) knapp an einer Straßenecke geparkt (Stoßstange hätte man als im Parkverbot sehen können) wo immer Pickups und Kleinbusse vorbei wollten. Von da war es aber zum Glück gar nicht weit wieder zu dem bunten Gässchen und der verschnörkelten Kirche vom Vortag. In der Umgebung wollten wir uns noch ne Cemite gönnen, auf die wir uns ja schon so lange gefreut hatten und ich hatte auch schon zwei, drei Geschäfte dafür ausgespäht.
Auf dem weg zum Cemitaladen wurde ich dann noch angesprochen, dass ich mal ein Foto machen soll. Die Familie guckte peinlich berührt, aber der Junge wollte sich nicht abbringen lassen und warf sich in Pose.
Im Geschäft dauerte das wie gewohnt ein bißchen länger und wir mussten drei mal sagen, dass wir weder chipotles, noch rajas mit Rührei auf den Dingern brauchen, weil wir Deutschen nicht ganz so scharf essen. Die Verkäuferin musste zwischendurch auch nochmal über die Straße rennen und Käse kaufen, da hatte sie wohl keinen mehr. Hühnerschnitzel waren auch aus, aber Schwein gab es immerhin noch. Nagut.
Nach einer gefühlten Ewigkeit hatten wir die beiden Dinger dann in der Tüte und ich hab zu dem Zeitpunkt schon überlegt, ob das so eine gute Idee war, sich im Laden an der Ecke was zu Essen zu holen, wenn man ein paar Tage später heiratet. Und überhaupt, mit der Hitze in der Karibik … aber 3 Tage Erholung sollten für Verdauungsbeschwerden wieder reichen, war dann der Schluss, den ich zog.
Mussten wir nur noch – Myriam mit Lily beladen – das Hügelchen rauf und zum Kloster kommen.
Der Weg erwies sich aber hinter der nächsten Kurve als beinah geschafft und somit als wesentlich kürzer als wie als ob wo wir gedacht hatten.
Sonne war auch noch da und Myriam wollte erstmal ihre Cemita essen. Dabei stieß ihr sofort was auf: „Was isn das für grünes Zeug? Ich mach das runter!“ Ich bin derweil mit Lily bißchen möglichst im Schatten herumspaziert bis zum entfernten Ende der Mauer rechts, wo eine kleine Hobbit-Tür eingebaut war.
Auf dem Rückweg hab ich mich ziemlich erschreckt, weil auf einmal aus einem unerwarteten Winkel ein einzelnes, lautes Glockenläuten zu vernehmen war. Nämlich von zwischen den zwei Bäumen oben. Genausogut hätte es direkt hinter mir bimmeln können, statt vorm Kirchturm oben, mein Herz hat erstmal nen kleinen Moment Pause gemacht, so gefühlt.
Klar, wir sind am Sonntag hoch und Sonnenuntergang ist um die Jahreszeit kurz nach sechs. Hatten wir also genau das Läuten zum Abendgebet erwischt. Außerdem hatte ich Doris irgendwie mißverstanden, die meiner Meinung nach was gesagt hatte von wegen, dass man vom Kloster aus bei guter Luft alle vier Vulkane sehen kann. Aber sie muss ja eigentlich von der gelben Kirche gesprochen haben, deren Erklimmung wir uns diesmal aufgrund von körperlicher und charakterlicher Schwäche geschenkt haben.
Tatsächlich gibt es von dort eher nur Häuserdächer zu sehen (oh Wunder) und ein paar lila Bäume, was aber auch nicht weiter schlimm ist, denn für uns war die Perspektive ja trotzdem neu.
Dementsprechend brauchten wir uns dort aber auch nicht sonderlich lange aufzuhalten, was Myriam gelegen kam und mir aufgrund von Lilys zunehmender Müdigkeit und damit verbunden schlechter Laune eigentlich auch.
Also hat Myriam schonmal angefangen mit einbinden ins Tragetuch, während ich noch bißchen geknipst hab. Wie wirs gewohnt sind, lagen hier und da Hunde auf den Dächern.
Wie ein Stück glühende Kohle schwelte uns auch das potentiell gefährlich geparkte Auto in der Tasche, auch wenn wir in Atlixco ja mit dem Autofahren eher gute Erfahrungen gemacht haben, im Gegensatz zu zum Beispiel Oaxaca.
Also haben wir uns wieder aus dem Staub gemacht, während grade verhutzelte Omis zum Gottesdienst eintrafen und interessanterweise Schulkinder in Uniform und mit Rucksack den Hügel hoch trotteten.
Weniger schön war, was wir auf der Straße nach unten noch gesehen haben. Ein schwankend gehender Mann, der von einem kleinen Mädchen (mit ziemlicher Wahrscheinlichkeit seine Tochter) gestützt über die Straße geführt wurde und vor sich hin fluchte „ay pedo, pedo, pedo“.
Später erklärten das dann Doris und meine Mutter: Samstag und Sonntag sind die Tage, wo man sich maßlos gehen lassen kann, wo man die Arbeit der letzten Woche untern Tisch säuft, bis sie nach ihrer Mutti ruft. Klingt erstmal wie überspitzt bei uns, aber mit maßlos ist wirklich ohne Maß und Ende gemeint. Alles was man kriegen kann wird leer gemacht, auch wenn man schon gar nicht mehr geradeaus gucken kann und Schluss ist erst, wenn einen die Kinder abholen kommen und nach Hause holen. (Denn die werden – im Gegensatz zur Ehefrau – nicht mit einer Tracht Prügel dafür belohnt, dass sie dem Spaß ein Ende setzen wollen.)
Ziemlich traurig, aber kann man natürlich auch wenig gegen machen. Da herrscht eben eine ganz andere Einstellung, sag ich jetzt mal ganz platt. Passend eigentlich, dass ich in dem Moment noch unwissend das Schild der anonymen Alkoholiker – am Fuß des Hügels, vielleicht 100m weiter – fotografiert habe.
Das nicht aufwiegend, aber dafür erfreulicher: Wir fanden das Auto ohne Knöllchen und – viel wichtiger – auch ohne Schrammen vor, obwohl sich weiterhin fette Pickups und die kleinen, weißen Busse, die hier die Leute durch die Gegend fahren, nur knapp daran vorbei um die Ecke drängelten. Der Vordermann war inzwischen auch einfach nen Meter weiter vorgefahren, sodass es so aussah, als stünden wir vor lauter Faulheit mit der Stoßstange knapp neben dem gelben (nicht parken) Bordstein.
Zurück zu Hause war noch Zeit für einen kleinen Zeitraffer vom Popo, dessen Spitze immerhin grade noch von der Sonne beschienen wurde. Somit konnte ich zwar nicht mehr wie geplant zum Loch 14 latschen, von wo man wohl auch eine Knallerperspektive auf den Vulkan hat, aber von vor der Gartenhecke war es dann mit ordentlichem Tele auch ganz schön.
Auf den Abend kam nochmal Doris vorbei (die auch unsere Eheringe sicher bei sich aufbewahrt hatte), um sich zu verabschieden und wir saßen mit unseren verbliebenen Bieren um den Verandatisch und haben an Lilys Kaspereien unseren Spaß gehabt.
Wie auch letztes mal war es ein etwas bittersüßes Abschiednehmen, aber eben kein „adios“, sondern eher ein „bis bald“.