Wie schon geschrieben haben Myriam, Lily und ich die erste volle Woche in Atlixco (bis auf den kurzen Ausflug auf den Dienstagsmarkt) komplett im und ums Haus verbracht.
Also das genaue Gegenteil von dem, was wir geplant hatten. Nämlich soviel wie möglich unterwegs zu sein und uns wieder Dinge anzugucken.
Hauptsächlich natürlich Atlixco mit seinem Markt und dem schönen Park vorm Rathaus, schonmal Baden fahren zu den Ahuehuetes bei Tepeojuma vor der Karibik, so als Test für das UW-Gehäuse auch, vielleicht mal nach Cholula oder Izucar de Matamoros, vielleicht sogar mal den „weiten“ Weg nach Tepoztlán, wo wir alle nochmal gerne hin wären.
Aber stattdessen haben wir dann doch den Großteil des Tages einfach in dem recht mexikanisch gestalteten, eher düsteren und eben durch die lange schon fehlenden Bewohner etwas runtergekommenen Haus verbracht.
Wäre das nicht schon im alten Haus genug gewesen, um ziemlich aufs Gemüt zu drücken, so ist es das hier leider umso mehr. Deswegen habe ich mir überlegt, das einzig Sinnvolle ist – um den Frust so ein bißchen zu kanalisieren und vielleicht doch noch etwas Konstruktives daraus zu ziehen – einen Post über das Haus zu verfassen.
Wie gesagt lebte hier schon ziemlich lange keiner mehr. Seit 10 Jahren, soweit ich verstanden habe.
Der Mann, Kanadier, war wohl damals verstorben und seine Witwe lebt seit langem in Monterrey und ließ das Haus, bzw. das Drumherum vom Gärtner und seiner Familie pflegen.
Dementsprechend sind die Möbel alle schon recht antiquiert und die technischen Geräte erst recht, wie man an Fernseher und Computer mit 52x CD-Laufwerk sehen kann.
Komischerweise stehen auch überall so kleine Trophäen-Statuen herum, wie diese wohlgeformte Bogenschützin in unserem Schlafzimmer.
Außerdem noch diverse Jesus- und Papst-Abbilder, die bestimmt mitverantwortlich zeichnen für die ganzen sportlichen Erfolge, abseits von diesem … Crosstrainer(?) der mit mechanischen Tastern als Knöpfen ausgestattet ist, passend zum Kassettendeck nebenan.
Unser King-Size-Bett mit Federkernmatratze und absinkender Ecke mussten wir erstmal von gefühlt 20 Kissen mit Rüschenbezug und einer Zentnerschweren Überdecke mit ebenfalls passendem Bezug befreien. Selbst für den atlixquensischen Winter ist das übertrieben!
Ich glaube, ich hatte neulich schonmal die verquere Lichtschalterbelegung erwähnt. Auch nach knapp anderthalb Wochen haben wir noch nicht herausgefunden wie man das Licht im Wohnbereich anmacht (mit den Sesseln und dem Sofa und so) und werden es wohl auch nicht mehr erfahren. Vielleicht sind auch einfach die Birnen kaputt. Doris hat wohl schon geopfert was sie noch da hatte.
Lustig finde ich aber wie erschrocken und besorgt die Steckdosen hier aussehen. Wie so ein Anime-Emoji. Naja für einen Deutschen geht sowieso Schuko über alles! (Oder zumindest Eurostecker) Bei diesen nordamerikanischen Teilen hängen die Stecker immer so lose drin, dass man sich gar nicht sicher sein kann, ob das Handy über Nacht auch mal lädt. Außerdem sprühen jedes mal große Funken da raus, wenn man die Verteilersteckdose einsteckt, ay ay ay!
Gut ist aber auch, oben drüber, die pickelige Glasrolle um die Leuchten überm Badezimmerspiegel. Ich vermute mal sowas in der Art haben Oma und Opa 1992 aus ihrem alten Haus rausrenoviert? Erinnern kann ich mich nicht, aber es würde passen. Irgendwie schreit es aber danach, es jemandem als Massagerolle über den Rücken zu schieben.
Allem wohnt so ein gewisser Geist inne. Man weiß ja, dass hier mal Leben war, das aber längst weitergezogen ist. Stephen King hätte seine Freude daran. Basketballkorb und Kindergeister -> 500 Seiten Horrorrororman.
Es ist natürlich nicht alles schlecht an dem Haus. Ist ja auch kein schlechtes Haus. Tatsächlich ist es sogar recht hell gelegen, dadurch, dass das benachbarte Lote leer steht und die Bäume zum Golfplatz hin sehr licht sind im Gegensatz zu manch anderen Häusern weiter östlich, deren Garten dadurch richtig duster wird, dass die großen Bäume am Green alles Licht wegblocken.
Die, die nicht grade Lily bespaßen mussten, haben dann wie gesagt meistens auf der Terrasse gelesen, wo es nachmittags richtig schön warm und sonnig wurde, aber – typisch für El Cristo – genau dann immer eine kühle Brise kam, wenn es grade dabei war einem zu warm zu werden.
Meinen Laptop – obwohl sehr klein und mobil – habe ich irgendwann auf dem Küchentrese stationiert, weil sich dort noch am bequemsten Fotos bearbeiten und ab und zu was schreiben ließ.
Sehr cool war übrigens auch der Kühlschrank mit seinen 20cm Türwänden.
Hinter denen verbarg sich unter anderen so eine Getränkevitrine (wo die großen Flaschen drinstehen), wo man das Plasteteil hochschieben muss, um an die Limos zu kommen. Wenn man da die Kante ein bißchen anfeilt … also das dürfte den Sodakonsum schon gut zurückfahren. Wenn man die ohne Hände aus dem Kühlschrank holen muss.
Ansonsten ganz dezent im Eingangsbereich dieses kleingeschriebene „t“ überm Flur und ein Gemälde wo ein conquistador einer Frau auf die Hupen guckt.
Und in der Küche haufenweise Nägel für Gedenkteller, die dann wohl aber doch nach Monterrey mitgewandert sind.
Ja und das war es so in etwa. Gegenüber haben irgendwelche Tierschänder vier ausgewachsene Hunde auf geschätzt 2m² spitz zulaufendem Grundstückszipfel eingesperrt, die entsprechend viel gebellt und gejault haben, so artgerecht wie sie eben gehalten wurden. Das war dann besonders nachts, nachdem wir endlich rausgefunden hatten wie man dieses Lamellenfenster bei uns öffnet, natürlich sehr hilfreich. Aber solche Leute peitscht der IS natürlich nicht aus, obwohl sies durchaus verdient hätten.