Gedanklich begann der Tag wieder genau da wo der letzte aufgehört hatte: Bei der verdammten Wäscherei. Vor Stress und Wut hatte ich nicht gut geschlafen und bin so mit noch mehr schlechter Laune wieder ins Auto gestiegen nachdem die Rezeption ebenfalls niemanden unter der Nummer der Wäscherei erreichen konnte. Da ist es wohl wenig verwunderlich, dass ich übermüdet und vor Stress leicht zitterig zunächst mal mit dem Auto auf einem tope aufgesetzt bin, der in der Morgensonne eher schlecht zu sehen war, den ich natürlich aus der Erinnerung her aber früher hätte erkennen sollen. Halb so wild, bloß gut, dass ich alleine im Auto war. Danach bin ich vorsichtiger gefahren. Jedoch war auch morgens um 8:00 Uhr kein Schwein anzutreffen bei dieser verlogenen Wäscherei. Ich hätte ihnen am liebsten vor die Tür gereiert, so seltsam war mir schon im Bauch. Wie sinnlos das ganze war. Das hätte man sich doch voll sparen können!
Zurück im Hotel war Myriam mit den Kindern gerade am Frühstückstisch und es war immerhin noch Zeit, dass ich auch noch was essen hätte können. Allerdings habe ich von meiner vierten spanischen Tortilla in Folge nur wenige Bissen geschafft, weil mir nach der ruhelos durchwälzten Nacht echt seltsam war. Völlig erbärmlich. Dabei ging es letztlich nur um die Windeln, immerhin gute 100€ wie gesagt, aber das ganze Prinzip hat mich so aufgeregt.
Nach Frühstück und Zähneputzen wurden auch die letzten Sachen noch schnell verstaut und wir mussten feststellen, dass die Füllung unserer Koffer nun mit Jacken aus Deutschland, dafür ohne Schokolade und Windeln in meinem Fall, seltsamerweise irgendwie noch zugenommen hatte. Da man bei Volaris aber 25kg und nicht 23kg hat, war das wohl erstmal zu vernachlässigen. Einer der netten Rezeptionisten hat uns zum Abschied abermals das Auto vom Hotelparkplatz geholt und ums carrée gefahren, sodass wir immerhin relativ entspannt alles direkt vor der Tür einladen konnten. Dem Herrn habe ich noch eine Kleinigkeit an Geld in die Hand gedrückt, wir haben uns für die sehr freundliche Bedienung und den netten Aufenthalt bedankt und sind dann unserer Wege gezogen. Kann man durchaus empfehlen, das Estrella de Belem.
Da wir gut in der Zeit lagen und Myriam hoffnungsvoll war, dass man evtl. ab um neun jemanden erreichen würde, sind wir abermals an den Bahnschienen entlang Richtung Wäscherei gefahren und dieses mal, man glaubt es kaum, tatsächlich auf offene Tür und fest verschlossenen Sack gewaschene Windeln gestoßen. Hurra juchei! Ich war so im Robotermodus, habe glatt mein Handy im Auto gelassen beim Abholen und konnte so nichtmal noch ein Foto machen.
Stattdessen haben wir hurtig die Rute zum nicht allzuweit entfernt liegenden Flughafen angetreten, die den größten Teil über die recta Cholula geht, in deren Nähe wir uns ja eh schon befanden. Bis auf eine Übernachtung in Huejotzingo hätten wir wohl kaum in einer besseren Position sein können, was das betrifft.
Die recta ist wohl gleichzeitig auch die verlängerte Mexico (D.F.) libre, führt also, so man ihr einfach weiter folgt, nach Mexikostadt hinein, parallel zur cuota. Das hat man ihr mit den ganzen topes, den talleres mecánicos und Imbiss-Restaurants am Straßenrand auch durchaus angesehen. Interessante Idee, sich auf so einer Langsamstraße zwischen Izta und Tlaloc hindurch über die Bergserpentinen nach Mexikostadt reinzuschlängeln. Nicht, dass ich es wirklich machen wollen würde, aber eine Doku darüber würde ich mir evtl. ansehen. Wir jedoch sind kurz vor dem genannten Huejotzingo Richtung Flughafen Puebla abgebogen, wo wir noch Papá Farfán trafen, der so freundlich war uns die Kindersitze wieder abzunehmen, die uns José ja drei Wochen zuvor genau dort auch hin gebracht hatte. Somit war dieser Teil auch wieder komplett entspannt für uns und wir müssen den guten Farfáns zumindest einen dicken Teller Grillwürste vorsetzen wenn sie das nächste mal da sind.
Ebenfalls vor gut drei Wochen hatte ich mir beim ersten Einkaufstrip eines meiner guilty pleasures bei Chedraui besorgt: Cream Soda. Das war unter anderem noch im Kofferraum herumgekullert und musste nun neben Fanta toronja und Wasserflaschen entweder entsorgt oder geleert werden. Ich entschied mich für letzteres und muss dabei mit der plumben Glasflasche voller hellgoldener Flüssigkeit wie ein Alkie ausgehen haben, während ich mit Joni in der Trage durch die Gegend spaziert bin und Myriam noch schnell die Windeln in meinen Koffer gestopft hat bevor der Flug aufgerufen wurde. Insofern muss es der Kracher für die Umstehenden gewesen sein, dass ich das letzte Drittel Lily vermacht habe, die auf dem iPad Sendung guckend zufrieden geparkt neben Myriam saß.
Mir war durch die zurückgewonnenen Windeln natürlich auch so richtig ein Stein vom Herzen gefallen und da wir gleich bei Ankunft am Flughafen das Auto problemlos abgeben konnten, schien der Rest der Reise relativ entspannt zu werden.
Als Myriam fertig mit Windeln stopfen war, war es auch schon langsam an der Zeit sich mal an der Gepäckannahme einzureihen, um die frisch vollgestopften Koffer auch gleich wieder abzugeben. Dabei fiel einerseits auf, dass es echt keinen gejuckt hat, dass für eine halbe Stunde eine schwarze Sporttasche neben der Schlange vor den Schaltern scheinbar auf ihren Besitzer wartete, was bei uns ja schon die pure Terrorpanik ausgelöst hätte und andererseits war genial konzipiert, dass wir mit den Kids in eine besondere Schlange „vorgehen“ durften, wo wir letztlich bestimmt drei mal so lange gewartet haben, als wären wir einfach ganz normal weiter zum Gepäckschalter geschlurft. An besagtem Spezialschalter wurden nämlich auch Haustiere auf ihre Reisefähigkeit hin überprüft und das dauerte und dauerte, sodass uns die Kinder, die bislang sehr gut mitgemacht hatten, verständlicherweise schon langsam meckerig wurden. Genial geplant alles.
Nach dem rigorosen Securitycheck, bei dem auch die Luft aus dem Fußball der Kinder gelassen wurde, damit der sich wegen des Druckdifferentials nicht zerlegt, wurde es dann im Wartebereich entspannter, wo die Kinder nochmal ordentlich Platz und gleichaltrige Gesellschaft hatten, um etwas zu toben. Wie wir den Ball dann am Zielort wieder aufgepumpt kriegen sollten blieb unklar. Ich meine wer verreist schon mit einer Ballpumpe. Vielen Dank, Securityfrau! Die Kinder freuen sich sicherlich.
Gerade mal 20min. später wurden wir auch schon raus auf die Rollbahn gelassen, was für die Kinder natürlich wieder viel zu laut war und sind in unseren Flieger „Jimmy“ eingestiegen, um nach Cancún (the CUN) zu fliegen.
Auf dem Weg haben wir wieder etwas von Pueblas Norden, bzw. dem Nachbarstaat Tlaxcala gesehen, sind der Malinche und dem Pico de Orizaba, der noch vor Popo und weit vor Mt. St. Helens und Mt. Hood der höchste Vulkan Nordamerikas und somit auch des pazifischen Feuerrings ist, verhältnismäßig nah gekommen.
Aus dem Flieger lässt sich auch ziemlich gut sehen, wie durch die Plattenverschiebung das zerknitterte Terrain und die ganze vulkanische Aktivität entsteht.
Ob wir wohl auch nen Blick Richtung Cuetzalan geworfen haben? Ich vermute fast der Winkel hat nicht gepasst, zumal wir ja Richtung Süden/Südosten aus dem Flieger geguckt haben. Komisch eigentlich, wenn man bedenkt, dass Cancún und Tulum nördlich von Puebla liegen.
Die Kinder waren während des Flugs zum Glück jeweils mit Schlafen und Kindersendung auf iPad gucken beschäftigt, sodass ich nur ab und zu ein paar Süßigkeiten anreichen musste, da die Sandwiches, die normalerweise bei Volaris verkauft wurden, genau bei uns aus waren. Nix mit Mittagessen im Flieger. Und ich wollte noch was beim Bäcker am Flughafen holen, aber meine Frau war dagegen.
Anderthalb Stunden nach dem Start haben wir auch schon mit dem Landeanflug über Yucatán begonnen, wo wieder schöne Aussicht auf den ganzen Dschungel war, quasi so weit das Auge reicht. Was wohl die alten Spanier gedacht haben müssen als sie da an Land gegangen sind? Und als sie dann erstmal die sacbés der Maya gesehen haben und deren riesige Städte und Landwirtschaft?
Mit der Bezahlung für die Fortbewegungsmittel war ich diesmal nicht zimperlich und habe einfach direkt im Flughafen drin an einem der Stände ein Taxi gebucht. Von denen wird man immer von allen Seiten auf Spenglisch angeblökt („Taxiiii, you need taxi, amigo? Good price!“), wie sich das gehört, aber dieses mal haben wir uns davon nicht irritieren lassen. Anscheinend ist die Fahrt Richtung Puerto Juárez/Gran Puerto in den letzten Jahren auch nochmal teurer geworden, sodass wir diesmal mit etwa 800$ dabei waren. Undenkbar im Hochland! Dafür sind wir 2015 von El Cristo zum Flughafen Puebla gefahren.
Nungut, muss man halt machen, schnell der Dame meine Kreditkarte überreicht und damit hatte sich das. Kein langes Feilschen draußen im Chaos. Zumal ich immer wieder betont habe, dass wir dieses mal mit den kids immer die etwas teurere Variante nehmen, wenn sie entspannter ist und uns Stress erspart. Sind ja nun keine ganz abgehalfterten Studenten mehr und wofür soll man sich Geld für nen schönen Urlaub ansparen, wenn man ihn die ganze Zeit völlig gestresst verbringt?
Die Fahrt war dann zum Glück auch die direkteste Route, die man sich hätte vorstellen können, wie ich live dank Gmaps verfolgen konnte. Ich muss es immer wieder erwähnen, weil es einen so viel mehr innere Ruhe verschafft zu wissen wo man unterwegs ist und dass man seinem Ziel näher kommt. So im wuseligen Mexiko.
Nach guten 20min. waren wir da und fanden alles so, wie wir es 2012 zurückgelassen haben. Wie beruhigend. Da aber die Fähre kurz vor der nächsten Abfahrt begriffen war, blieb uns keine Zeit wenigstens nochmal kurz beim Oxxo direkt am Hafen etwas Wasser zu holen. Stattdessen hat Myriam beide Kinder in die jeweiligen Tragen genommen, eines vorne, eins hinten – was bei der Hitze und mit dem Hochland geschuldeten, langen Hosen sicherlich auch ne kuschelige Angelegenheit war – und wir sind runter zur Anlegestelle, um uns zur Ticketkontrolle einzureihen, an der auch einige Leute standen, die anscheinend einen Tagestrip von der Insel gemacht hatten. Vielleicht sogar nach Chichén Itzá oder sowas verrückt Unpraktisches? Downtown Cancún muss man glaube ich nicht gesehen haben. Mal Jens fragen bei Gelegenheit, der hat sich ja 2015 schlau gemacht.
Woran ich mich nur noch dunkel erinnern konnte, bzw. ich hatte es quasi verdrängt: Auf der Fähre gibt es musikalische Unterhaltung. So von der Sorte, die man echt nicht braucht. Da sitzt dann ein verbrutzelter Typ mit seiner Gitarre und spielt zur Drum machine Rockhits in einer derartigen Lautstärke, dass man beinah Farben schmecken kann. Dazu wird nicht ganz textsicher etwas gesungen. Ein Glück hatten wir Hörschutz und Kopfhörer für den Nachwuchs dabei.
Und nach 25min. Fahrt hatte das ganze zum Glück auch ein Ende und man bat um Spenden während die Fähre bremsend in den kleineren, nördlichen Hafen von Isla Mujeres einlief, wo umgebende Palmen, kleine Strände und Stege in der Abendsonne schon mal einen guten Vorgeschmack auf die Insel gegeben haben.
Als wir es endlich mal von der Fähre runter geschafft und Kinder und Koffer beisammen hatten, haben wir entsprechend der Richtlinie „stressfreier Urlaub“ gleich mal den Koffertransporteuren eine Chance gegeben, die mit ihren Lastenrädern direkt an der Rampe zum Kai hinunter warteten. Wie bei solchen Services immer habe ich zunächst mal nach dem Preis gefragt, habe aber eine etwas druchsende Antwort bekommen. Nicht sehr hoffnungserweckend. Vielleicht doch lieber raus auf die Straße gehen und ein Taxi nehmen. Also gut, rückte er mit der Sprache raus, normalerweise geben die Touris 150$ zur Playa Norte. Was solls, hab ich mir gesagt, kann man machen.
Ist zwar – wie alles – teurer, als in Puebla, aber ist eben so, weil Karibik und Tourismus. Der Transport per Lastenrad hatte auch den Vorteil, dass die Kinder bißchen gucken konnten und an der frischen Luft waren und Lily durfte sogar auf den Koffern sitzen. Das hatte der nette Herr Radler vorgeschlagen, weil es den Kindern wohl sonst immer sehr gut gefällt. War bei uns genau so.
Insofern sind wir im recht gemütlichen Tempo ein mal durchs Zentrum hindurch und haben so auch gleich noch sehr sehr verschwommene Erinnerungen wieder ausbuddeln können, was Lage und Straßennetz betrifft. Irgendwo an einem großen Platz gab es nen nen winzigen Supermarkt wo wir paar mal Bier, Chips und Salsa geholt hatten und es gab eine Straße mit haufenweise Restaurants. So wenig wie mein Gedächtnis hergab könnte man meinen wir wären im Neolithikum dort gewesen.
Woran ich mich noch erinnern konnte war, dass es ziemlich touristisch im Zentrum war und das ganze quasi ein einziger Auflauf aus US-Amerikanern ist, die von den Marktschreiern an jedem Laden und Restaurant auf Spenglisch zugequatscht werden. Außerdem sind wir an ein paar Geschäften vorbeigekommen, die explizit nur Mitbringsel in Form von allerlei Kitsch und übertrieben stilisierten Tequila- und Mezcalflaschen vertrieben haben. Klar, wenn man nur eben aus den USA nach Cancún runter und wieder zurück fliegt. Entweder sind wir die letztes mal komplett umgangen oder ich habe sie einfach aus der Erinnerung verbannt.
Ganze drei Querstraßen weiter waren wir auch schon wieder aus dem Trubel heraus und man sah schon den Sand von irgendwoher auf die Straße kriechen. Strand wir kommen! Und tatsächlich befand sich auch gleich dort eine Tauchschule, die mit Schwimmen mit Walhaien warb. Das ist auf Isla Mujeres wohl etwas besser zu machen, als in La Paz, weil das Wasser einfach viel klarer ist und man die Fischies dadurch auch richtig sieht.
Gerade ein mal 15min. nach dem desembarque von der Fähre hatten wir im gemütlichen Tempo auch schon unser Ziel erreicht, waren dabei ein mal an den cabañas Maria del Mar vorbei gelaufen, in denen wir letztes mal untergekommen waren und standen vor unserem zuhause für die nächste Woche: Na Balam. Das Haus des Jaguars. Der Maletero (Manuel?) bekam seine 7,50€ oder wieviel auch immer es waren, wir verabschiedeten uns freundlich und bekamen noch seine Visitenkarte für den Rückweg und beanspruchten dann unser Zimmer. Das involvierte dann noch einige Erklärungen zum Lageplan der Anlage, den wir zur Begrüßung erhielten und kurz danach konnten wir in jene Unterkunft unseren ganzen Krimskrams, inklusive Schuhe und lange Hosen, werfen und so befreit nochmal raus gehen.
Jenes Zimmer lag netterweise direkt am Strand, wenige Meter von dem zum Na Balam gehörigen Restaurant. Somit hatten wir es einerseits nicht weit bis zum Wasser, zu dem wir natürlich noch hin wollten und andererseits auch zum Frühstückstisch am nächsten morgen.
Bzw. auch andererseits zum Abendbrottisch an unserem ersten Abend, denn nochmal in das Gewusel der Stadt wollten wir mit den Kindern nun wirklich nicht. Wohl eher, um uns das selber nicht anzutun, die Kleinen hätten es womöglich noch verkraftet.
Machte die Sache aber natürlich auch nochmal entspannter, zu wissen, dass wir nur die 20m zurück gehen mussten, um was zum Happan und ein kühles Bier zu bekommen, sobald wir uns bißchen die Füße abgekühlt haben. Naja und dann wieder die 10m zu unserem Zimmer.
Schon ein herrliches Gefühl, den Sand an den nackten Füßen zu haben und nicht mehr in die Schuhe steigen zu müssen.
Als wir uns dann tatsächlich mal von der Brandung losreißen und zum Restaurant gehen konnten kam dort irgendwie keiner. Gut, muss man in Mexiko mit rechnen, dass der Service mal so, mal so ist.
Letztlich stellte sich heraus, dass sie ab einer bestimmten Zeit einfach nicht mehr am Strand servieren und auf den halboffenen Bereich mit verfestigtem Boden wechseln müssten, wenn uns nach Essen wäre.
Auch gut. Dort war es zwar wesentlich schwüler, da gar keine laue Briese, aber das macht das erste Bier im tropischen Klima nochmal so richtig viel genussvoller.
Insgesamt ist die Reise wieder ziemlich gut verlaufen, vorallem auch von Seiten der Kinder her. Dank Vomex-A-Sirup gab es auch dieses mal keine Kotzerei und sogar die etwas schaukelige Fährfahrt wurde locker weggesteckt. Nach einer weiteren Naranjada für Myriam, in die Joni ordentlich reingeguckt hat, einem weiteren Pacífico für mich, tacos de pescado und burrito de arrachera ging es in unser Zimmer.